4 Gründe, warum wir Lehm so spannend finden
1. Gelebte Bauwende
Lehm entsteht durch Verwitterung fester Gesteine und kommt im obersten Bereich der Erdkruste vor. Er gehört zu den mineralischen Baustoffen. Lehme, die am Ort ihrer Entstehung vorzufinden sind, werden als Verwitterungslehme bezeichnet. Einige Lehme werden durch Eis, Wind oder Wasser wegbewegt. Sie werden dann als Geschiebelehm oder Lößlehm bezeichnet. Diese Lehmarten weisen allerdings eine Gemeinsamkeit auf: ihre Zusammensetzung.
Lehm ist ein Gemisch aus Kies, Sand, Schluff und Ton. Die im Ton enthaltenden Tonminerale fungieren als Bindemittel zwischen den gröberen Bestandteilen des Lehms. Lehm ist somit ein durchweg ökologischer Baustoff. Nach dem Abbruch eines Gebäudes können die Lehmbestandteile als „Recyclinglehm“ wieder in den Gewinnungsprozess für Baulehm zurückgeführt werden. So entsteht ein Kreislauf, der eine nachhaltige Bauweise ermöglicht. Deshalb finden wir als KAI Architekten diesen Baustoff so spannend.
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2. Langjährig erprobt
Lehm ist keineswegs ein neuer Baustoff. Seit tausenden Jahren bauen Menschen Häuser aus Lehm. Schon damals waren die Vorteile des Lehms bekannt. Er kann vielseitig geformt werden, große Lasten aufnehmen und immer wieder verwendet werden. Lehm wurde nicht nur in der Vergangenheit genutzt, um Häuser zu bauen. Noch heute wohnen rund ein Drittel der Menschen auf der Welt in Häusern aus Lehm. In zahlreichen Fachwerkhäusern sind die Gefache (so werden die Felder zwischen den Ständern, Riegeln und Verstrebungen genannt) mit Lehm ausgefüllt. Bis zur Industrialisierung war Lehm für den Bau von Gebäuden von großer Bedeutung. Danach wurde er mehr und mehr von industriell gefertigten Baustoffen wie Stahl und Beton verdrängt. Nach den beiden Weltkriegen im vergangenen Jahrhundert gewann der Lehm wieder an Bedeutung, da er regional und kostengünstig zur Verfügung stand. Nachdem sich Industriestandorte und die Wirtschaft wieder erholten, verlor der Lehmbau allerdings wieder an Bedeutung. Auch der Rückzug der DIN Norm zum Lehmbau Anfang der 1970er Jahre führte dazu, dass Lehm im Wiederaufbau kaum zum Einsatz kam. Seit 2013 gelten in Deutschland neue DIN Normen für den Lehmbau, die eine Rückbesinnung auf dieses natürliche Material ermöglichen.
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3. Der arbeitet noch selbst!
Lehm wird im Altbau besonders gerne aufgrund seiner vielen Vorteile eingesetzt:
Zum einen ist er aufgrund der Wasserlöslichkeit leicht zu verarbeiten, zum anderen begünstigt Lehm auch ein positives Raumklima. Lehm ist sorptionsfähig, dadurch wird in der Luft enthaltener Wasserdampf vom Lehm aufgenommen und bei Veränderungen des Innenraumklimas wieder an diesen abgegeben. Dadurch bleibt die Luftfeuchtigkeit immer auf einem ähnlichen Level. Dieser Effekt sorgt für ein angenehmes Raumklima.
In vielen Altbauten wird Lehm auch aufgrund seines Feuchtetransportes eingesetzt. Zum einen werden viele Fachwerkhäuser mit Lehm ausgefacht, zum anderen wird Lehm auch bei Innendämmungen eingesetzt. Denn durch diese Eigenschaft des Lehms ist keine Dampfbremse notwendig.
Außerdem weist Lehm ein großes Wärmespeichervermögen auf. So können Schwankungen in der Innenraumtemperatur ausgeglichen werden. Dieser Effekt ist bei Altbau Sanierungen besonders von Vorteil. Darum finden wir den Baustoff Lehm besonders relevant.
4. In allen Formen und Farben
Sowohl im Neu- als auch im Altbau werden Baustoffe aus Lehm häufig genutzt. Einige Möglichkeiten, die wir sehr interessant finden, sind hier aufgeführt:
Lehm als Konstruktiver Baustoff
Zur Herstellung einer Wand aus Stampflehm wird feuchter Lehm schichtweise in eine Schalung eingebracht und mechanisch verdichtet. Der Lehm behält durch die Pressung seine Form und die Schalung kann entfernt werden. Besonders ästhetisch wird das Ergebnis, wenn farbige Lehmanteile eingearbeitet werden. Dann wird die Struktur der Schichtung deutlich. Nachdem der Stampflehm getrocknet ist, kann er die Lasten des Gebäudes abtragen. Sowohl in Wänden als auch in Fußböden wird Stampflehm genutzt.
Im Unterschied zu Stampflehm wird dem Wellerlehm mehr Stroh beigemischt, allerdings werden kaum Steine in der Mischung verarbeitet. Der Wellerlehm wird zunächst schichtweise aufeinandergesetzt und nicht wie der Stampflehm in einer Schalung verdichtet. Um eine besonders ebenmäßige Wandoberfläche zu erhalten, wird der Lehm an den Seiten senkrecht abgestochen. Wellerlehm findet außerdem häufige Verwendung in der Sanierung bestehender Lehmgebäude.
Eine weitere Möglichkeit, Wände aus Lehm herzustellen, bieten Lehmsteine. Sie bestehen aus getrocknetem Lehm, der in einer Form verdichtet wurde. Lehmsteine können genau wie gebrannte Ziegel in unterschiedlichen Verbänden gemauert werden, verfugt werden die Lehmsteine aber meist mit Lehmmörtel anstatt mit den üblichen Zement- oder Kalkzementmörteln. Bei Lehmsteinen ist allerdings wichtig zu beachten, dass sie feuchte- und frostempfindlich sind. Deshalb können sie nicht in allen Bereichen genutzt werden. Die Form der Lehmsteine ermöglicht eine klassische gemauerte Optik und bietet eine nachhaltige Variante zu den meist verwendeten Klinkersteinen.
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Lehm im Innenausbau
In gepresster Form als Lehmbauplatten können sie entweder aneinandergestoßen werden oder mit einer Nut und Federverbindung hergestellt werden. Für nichttragende Wände können auch Leichtlehmbauplatten verwendet werden. Sie sind in der Regel nur 2-3 cm dick und werden auf eine Unterkonstruktion aufgebracht.
Auch Lehmputze bieten eine Möglichkeit, die besondere Wirkung dieses Baustoffes zu nutzen, auch wenn die Grundstruktur des Gebäudes nicht aus Lehm besteht. Um eine positive raumklimatische Wirkung zu erzielen, sollte der Putz mindestens mit einer Stärke von 1,5cm aufgetragen werden. Um besonders glatte Oberflächen zu erzielen, können Lehmfeinputze verwendet werden.